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Deutsche Anti-Atom-Initiativen bereiten Einwendungen in den USA vor

Ahaus/Jülich, 28.01.2016

Das war wie ein Paukenschlag:

Ende vergangener Woche veröffentlichte die US-Energiebehörde DOE eine 210-seitige Umweltverträglichkeitsstudie. In dieser Studie wird von der Annahme und Verarbeitung der Brennelementekugeln aus dem Jülicher AVR (Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor) und dem Thorium-Hochtemperatur-Reaktor (THTR) ausgegangen.
Beide Reaktortypen waren Kernkraftwerke (AVR war ein Versuchskernkraftwerk), die als Leistungsreaktoren kommerziell genutzt wurden und Strom ins Netz speisten, insgesamt 4,4 Milliarden Kilowattstunden.
„Vertreter der Bundesregierung haben immer wieder behauptet, den Export der Jülicher Brennelementkugeln in die USA und die in Ahaus lagernden Kugeln, die vom THTR aus Hamm-Uentrop stammen, seien nicht geplant“, so Marita Boslar vom Aktionsbündnis Stop Westcastor. „Die Endlagerkommission für hoch radioaktive Abfallstoffe hat außerdem am 2.Oktober 2015, die Einführung eines generellen Exportverbots für hoch radioaktive Abfälle beschlossen und forderte außerdem auch eine Neuregelung eines Exportverbots für bestrahlte Brennelemente aus Forschungsreaktoren zu erarbeiten“, Marita Boslar weiter.

Umweltverträglichkeitsprüfung immer wieder verschoben

Mitte 2014 wurde eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) begonnen, nach Verzögerungen von mehr als einem Jahr wurde sie jetzt fertig.
Ab sofort bis zum 11. März sind Einwendungen gegen die drohende Einlagerung des Atommülls aus Deutschland möglich.
Nicht nur die Bevölkerung in South Carolina – auch Bürger aus Deutschland können Einwendungen über
GermanSpentNuclearFuelEA[ät]leidos.com
abgeben.

Claudia Baitinger (BUND NRW): „Wir werden auf jeden Fall davon Gebrauch nehmen und Einwendungen abgeben.“

Sollte es zu einer positiven Entscheidung kommen, dann wäre ein Export der insgesamt 455 Castoren aus dem Jülicher und dem Ahauser Zwischenlager, in denen die Brennelementekugeln lagern, wahrscheinlicher. Bereits 2014 hatten der Bund für Umwelt und Naturschutz und Greenpeace Klagen gegen den Export der Castoren angekündigt. Das gilt unverändert.

„Big Deal“ : USA-Deutschland
Geplanter Export verstößt gegen geltendes Atomrecht

Für die NRW Landesregierung und auch für die Bundesregierung ist eine „Verschiebung“ des Atommülls in die USA eine sehr verlockende Variante: sie wären einen Großteil ihrer Altlasten los. „Da spielt es dann auch keine Rolle, dass der geplante Export gegen geltendes Atomrecht verstößt und extrem viel Geld kosten wird“, sagt Peter Bastian (Sofa Münster).

In einem kürzlichen Vortrag des SRS (Savannah River Site) wird immer wieder von Forschungsreaktoren gesprochen.
„Der Atommülltrip 4000 Seemeilen über den Atlantischen Ozean und die Verbringung der Castoren in den Militärkomplex SRS nach South Carolina soll bis zu 1,5 Milliarden Euro kosten. Im Bundeshaushalt sind Millionen im dreistelligen Bereich veranschlagt, aber eine Aufschlüsselung der möglichen Ausgaben für die jeweiligen Optionen (Transport nach Ahaus, Verbleib in Jülich, Export in die USA) ist politisch nicht gewollt“, so Peter Bastian weiter.

Entwicklung neuer Technik zur Wiederaufbereitung der Brennelementekugeln

Die nötige Technik zur Trennung von Uran beziehungsweise Thorium vom Graphit muss noch demonstriert werden. Diese extrem teure Aktion soll die deutsche Seite finanzieren.
Marita Boslar: „Eine Voraussetzung, die das DOE nennt, um über die Annahme der Brennelementekugeln entscheiden zu können, ist eine Pilotanlage zur Wiederaufbereitung der Kugeln beim SRS aufzubauen. Das kann Jahre dauern und könnte bedeuten, dass die Jülicher Castoren erst einmal nach Ahaus geschafft werden sollen, weil das aktuelle Lager in Jülich keine Genehmigung mehr hat, bevor dann der offenbar geplante endgültige Transport von AVR plus THTR-Castoren in die USA ablaufen soll, also vielfacher sinnloser Atommülltourismus.“
(PM von Bündnis gegen Castor-Exporte)

Hintergrundinformationen

Sollte der Export-Plan umgesetzt werden, würden über den Hafen Nordenham (Niedersachsen) mindestens 30 Transporte per Schiff abgewickelt. Von dort gehen die Schiffsladungen rund 6000 Kilometer über den Atlantischen Ozean nach Charleston, einem US-Militärhafen. Per Bahn würden die Castoren nochmals 300 Kilometer zum Militärkomplex Savannah River Site (South Carolina) verfrachtet.

Im Atomkomplex SRS wurden seit den 1950ern bis zum Ende des Kalten Krieges Atomwaffen produziert, heute ist SRS hoch radioaktiv belastet.
Tom Clements, Leiter der Nichtregierungsorganisation „SRS Watch“, und bei Greenpeace International 15 Jahre lang aktiv, spricht von der militärischen Anlage als „Black box“. Was hier rein kommt, ist für immer einer öffentlichen Überprüfung entzogen.
Er nahm an zwei Mahnwachen (2014 und 2015), die sich gegen Castor-Exporte in die USA richteten, vor dem Haupttor des Jülicher Forschungszentrums teil und führte Informationsveranstaltungen dazu durch.

Da der Atommüll aus dem Versuchskernkraftwerk (AVR) stammt, ist ein Export in die USA nach deutschem und europäischem Recht illegal. Bund, Land und das Jülicher Forschungszentrum versuchten den als Leistungsreaktor kommerziell genutzten Versuchsreaktor des AVR im Nachhinein zu einem Forschungsreaktor umzudefinieren – dieser wäre nämlich vom Exportverbot ausgenommen! Ein Forschungsreaktor ist technisch ganz anderes als ein AKW, denn er kann zur Stromerzeugung nicht verwendet werden.

Das Bündnis gegen Castor-Exporte ist ein Zusammenschluss aus landes- und bundesweiten Anti-Atom-Initiativen und dem BUND NRW.
• Aktionsbündnis „Stop Westcastor“ http://westcastor.blogsport.de
• Initiative Savannah River Site Watch www.srswatch.org
• Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen
• Sofa Münster www.sofa-ms.de
• Wegberger Montagsspaziergänger gegen Atomkraft
• Bund für Umwelt und Naturschutz NRW e.V. www.bund-nrw.de
• attac Jülich www.attac-netzwerk.de/inde-rur