Urencos massive Uranmüllprobleme:
– Uranumwandlung in UK verzögert sich weiter
– 300 Millionen Euro Sparprogramm wegen Kostenüberschreitung
9. Dezember: Neuer Uranmülltransport Gronau-Russland?
– Polizeiliche Vorladungen in Novouralsk
Der Urananreicherer Urenco, der in Gronau/Westfalen die bundesweit einzige Urananreicherungsanlage betreibt, hat weiterhin massive Probleme bei der Entsorgung des abgereicherten Uranhexafluorids (UF6), das bei der Urananreicherung in großen Mengen als Abfallstoff anfällt. Nach Auskunft der NRW-Landesregierung steht die konzerneigene Dekonversionsanlage für abgereichertes UF6 am britischen Standort Capenhurst noch immer nicht zur Verfügung. Die erheblichen Bauverzögerungen und Kostenüberschreitungen haben schon seit Jahren Auswirkungen auf den Gesamtkonzern, auch in Deutschland. AtomkraftgegnerInnen gehen davon aus, dass diese Probleme ein Grund für die verzweifelten Versuche von Urenco sind, den konzerneigenen Uranmüll billig nach Russland abzuschieben. Für Montag, 9. Dezember, rechnen sie mit dem nächsten Uranmülltransport von Gronau nach Russland und kündigen neue Proteste an.
Die britische Dekonversionsanlage in Capenhurst war schon im Juni im Beisein des damaligen britischen Industrieministers Andrew Stephenson feierlich eingeweiht worden. Sie sollte ursprünglich bereits 2015 in Betrieb gehen und rund 400 Millionen Pfund (circa 460 Millionen Euro) kosten. Nach britischen Medienberichten gab es jedoch erhebliche Probleme beim Bau, sodass die Baukosten bereits im Juni auf rund 1 Milliarde Pfund (circa 1,15 Milliarde Euro) geschätzt wurden. Heute, fünf Monate nach der Einweihung, scheint es nun immer noch Probleme zu geben. Dekonversionsanlagen sollen abgereichertes Uranhexafluorid in das lagerfähigere und stabilere Uranoxid (U308) umwandeln. In Gronau steht seit 2014 eine neu gebaute Lagerhalle für Uranoxid leer und soll laut Urenco bis mindestens 2024 auch leer bleiben.
In Folge der erheblichen Kostensteigerungen in Capenhurst legte Urenco schon 2017 ein konzernweites Sparprogramm über 300 Millionen Euro auf. In Deutschland wurde daraufhin zum Beispiel der Standort Bad Bentheim (15 Kilometer nördlich von Gronau) geschlossen. Bereits 2016 hatte Urenco nach eigenen Angaben gegenüber dem WDR für Capenhurst einen ersten Vertrag zum Export von abgereichertem UF6 von Capenhurst nach Russland geschlossen. Die Dekonversionsanlage in Capenhurst ist zudem viel zu klein, um sämtliches UF6 von Urenco in Uranoxid lagerfähig umzuwandeln. Für Gronau gibt es damit weiterhin keine ansatzweise tragfähige Lösung für die sichere Entsorgung des Uranmülls. Neben der Urananreicherungsanlage in Gronau betreibt der internationale Urenco-Konzern, an dem auch RWE und E.ON beteiligt sind, Urananreicherungsanlagen in Almelo (NL), Capenhust (GB) und Eunice (USA).
„Es ist offensichtlich, dass Urenco mit der schadlosen Entsorgung der Uranabfälle völlig überfordert ist. Bauverzögerungen, Kostenexplosionen, Sparprogramme und jetzt Billigexporte nach Russland sprechen eine deutliche Sprache. In Russland nimmt Urenco sogar den Bau von neuen und technisch sehr gefährlichen Schnellen Brütern in Kauf, um den eigenen Atommüll loszuwerden – das ist unverantwortlich. Wer so mit seinem Atommüll umgeht, ist nicht geeignet für den Betrieb hochgefährlicher Atomanlagen – wir fordern einen sofortigen Exportstopp für Uranabfälle nach Russland sowie die umgehende Stilllegung der Urananreicherungsanlagen in Gronau und an den anderen Urenco-Standorten“, erklärte Christina Burchert vom Arbeitskreis Umwelt Schüttorf.
Bereits am jetzigen Sonntag, 1. Dezember, findet in Gronau an der Urananreicherungsanlage um 14 Uhr der traditionelle Sonntagsspaziergang statt.
Proteste in St. Petersburg, Moskau und Novouralsk:
Erste polizeiliche Vorladungen
Unterdessen hat es gegen die Ankunft des letzten Uranmüllzugs in Russland unter anderem in St. Petersburg, Moskau und auch am Zielort Novouralsk erste Protestaktionen gegeben. Nach Auskunft von russischen Umweltschützern wurden mehrere Personen in Novouralsk deshalb von der Polizei vorgeladen. „Es ist ein Unding, dass sich Urenco, die Anteilseigner RWE und EON sowie die Bundesregierung die schwierige politische Situation in Russland zunutze machen wollen, um den Gronauer Uranmüll loszuwerden. Es kann nicht sein, dass der Abtransport des Gronauer Uranmülls in Russland zu weiteren Repressionsmaßnahmen gegen friedliche Bürger führt. Übernimmt die Geschäftsführung von Urenco dafür die volle Verantwortung?“, fragte Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen.
(Pressmitteilung: Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen)
Quellen:
Landtags-Drucksache 17/7887 (18. November 2019): https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-7887.pdf
Bericht im Cheshire Live (10. Juni 2019):
Urenco-Geschäftsbericht 2018 (2. September 2019):