Pressemitteilung
Münster/Gronau/Bonn, 1. September 2020
– BMU: Noch 17 100 Tonnen abgereichertes Uran in Gronau
– Keine Rücktransporte von „wiederangereichertem“ Uran
– Urenco liefert erstmals Uran für russische Brennelemente
Bundesumweltministerium und E.ON antworteten auf Anfragen
Nach übereinstimmenden Angaben des Bundesumweltministeriums (BMU) und des Energiekonzerns E.ON scheinen die Uranmüllexporte von der Urananreicherungsanlage in Gronau nach Russland kurz vor dem Aus zu stehen. So schrieb das BMU unter Berufung auf das NRW-Wirtschaftsministerium der Initiative SOFA (Sofortiger Atomausstieg) Münster, dass in diesem Jahr nur noch zwei dieser Transporte mit jeweils 900Tonnen abgereichertem Uranhexafluorid (UF6) zu erwarten seien. E.ON teilte dem Dachverband Kritischer Aktionärinnen und Aktionäre mit, dass es „derzeit keine konkreten Planungen“ für weitere Transporte nach 2020 gebe. E.ON hält zusammen mit RWE ein Drittel der Anteile am deutsch-britisch-niederländischen Urananreicherer Urenco. Zwischen Mai 2019 und Ende August 2020 hat es bereits 18 Urantransporte von Gronau nach Russland gegeben, mit denen insgesamt rund 16 200 Tonnen UF6 als Uranmüll von Gronau nach Russland exportiert wurden.
Darüber hinaus teilte das BMU mit, dass zum 30. Juni 2020 noch immer rund 17 100 Tonnenabgereichertes UF6 auf dem Gelände der Urananreicherungsanlage Gronau lagerten. Ende 2018 waren es noch rund 23 950 Tonnen gewesen. Damit hat sich trotz der massiven Exporte in den letzten anderthalb Jahren die tatsächliche Lagermenge in Gronau vergleichsweise nur wenig verringert. Das zeugt davon, wieviel Tausend Tonnen Uranabfall regelmäßig bei der Urananreicherung anfallen.
Das BMU teilte zudem mit, dass in den Jahren 2018, 2019 und 2020 bislang kein einziger „Rücktransport“ von wiederangereichertem UF6 von Russland nach Gronau stattgefunden habe. Urenco behauptet hingegen immer, dass es sich bei dem UF6 um „Wertstoff“ handele, der zur Wiederanreicherung nach Russland exportiert werde. Die BMU-Zahlen sprechen jetzt eine andere Sprache.
Mit großer Sorge nehmen die Anti-Atomkraft-Initiativen die Auskunft des BMU auf, dass Urenco anscheinend erstmals bei der Brennelementeproduktion in Russland kooperiert. Dazu hat Urenco am 10. Juli 2020 eine Exportlizenz für 203 Gramm angereichertes UF6 nach Russland erhalten. Dieses „Probenmaterial“ sei laut BMU für „Materialanalysen im Zusammenhang mit der Brennelementeherstellung“ gedacht. Danach erhielt Urenco am 24. Juli 2020 eine weitere Exportlizenz für mehr als 8,2 Tonnen angereichertes UF6 nach Russland, das direkt zur Brennelementeherstellung eingesetzt werden kann. Der Kunde für die Brennelemente ist bislang nicht bekannt.
„Auf der einen Seite wäre es erfreulich, wenn der unverantwortliche Uranmüllexport von Gronau nach Russland nach den intensiven Protesten in Russland und Deutschland zum zweiten Mal nach 2009 tatsächlich wieder eingestellt wird. Andererseits ist die bereits exportierte Menge des Uranmülls enorm hoch. Der Uranmüllberg an der Urananreicherungsanlage Gronau hat sich dennoch nicht wesentlich verringert. Wir fürchten deshalb bald neue Exportwünsche von Urenco. Es gibt keine sichere Entsorgungsmöglichkeit für den Uranmüll – weder in Gronau noch in Russland. Die Stilllegung der Urananreicherungsanlage in Gronau ist deshalb zwingend erforderlich“, so Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen.
„Anstatt sich aus dem Russland-Geschäft zurückzuziehen, dehnen Urenco, RWE und E.ON ihre russischen Geschäfte nun auch auf die Zulieferung für die Brennelementeproduktion aus. In Zeiten, in denen die russischen Zivilgesellschaft und russische NGOs massivem staatlichen Druck ausgesetzt sind, ist dies das völlig falsche Signal. Wir fordern hierzu von Urenco und der Bundesregierung die sofortige Kündigung aller Lieferverträge sowie klare Auskünfte: Wer soll die Brennelemente bekommen? Ist dieser Brennelemente-Deal eine Gegenleistung für die Annahme des Gronauer Uranmülls? Wurden der staatlichen Rosatom weitere Gegenleistungen versprochen? Ist der jetzige Export eine Art Türöffner für weitere Urangeschäfte zwischen Urenco und Rosatom?“ hakte Peter Bastian von SOFA (Sofortiger Atomausstieg) Münster nach.
Neue Proteste angekündigt
Die Anti-Atomkraft-Initiativen kündigen zusammen mit den russischen Partnerorganisationen wie Ecodefense und Greenpeace Russland neue Proteste an gegen die nächsten Uranmülltransporte sowie gegen die neuen deutsch-russischen Atomgeschäfte.
Am Sonntag, 6. September, findet in Gronau um 14 Uhr an der Urananreicherungsanlage Gronau der traditionelle Sonntagsspaziergang statt.
Für Montag, 14. September, rechnen die Anti-Atomkraft-Initiativen mit dem nächsten Uranmülltransport von Gronau nach Russland. Es werden erneut Mahnwachen an den Bahnstrecken vorbereitet.