Ein wunderbarer Mensch und eine große Persönlichkeit der Anti-AKW-Bewegung ist von uns gegangen. Für das Aktionsbündnis unfassbar – wir trauern sehr um einen liebgewonnen Menschen mit Charaktergröße: Jochen Stay ist am vergangenen Samstag (15. Januar) verstorben. Wir werden ihn sehr vermissen.
Aktionsbündnis „Stop Westcastor“
(Beitragsbild: Bente Stachowski)
Pressemitteilung
18. Januar 2022 Pressemitteilung von .ausgestrahlt
Jochen Stay ist tot
Der langjährige Anti-Atom-Aktivist Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt und Vorstandsmitglied der von .ausgestrahlt initiierten Stiftung Atomerbe, ist tot.
Stay, geboren 1965 in Mannheim, war in den 1980ern zunächst an gewaltfreien Blockaden des Pershing-Depots in Mutlangen beteiligt. Über die Auseinandersetzung um die Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf stieß er Mitte der 1980er-Jahre zur Anti-Atom-Bewegung. Ab Mitte der 1990er-Jahre organisierte er mit der Kampagne „X-tausendmal quer“ öffentlich angekündigte, gewaltfreie Sitzblockaden gegen Castor-Transporte, an denen sich Tausende beteiligten. 2008 gründete er mit einer Handvoll Mitstreiter*innen die Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt. Gemeinsam mit dieser machte er die atomkritische Haltung der Mehrheit der Bevölkerung wieder sichtbar und organisierte den Protest gegen die von der schwarz-gelben Bundesregierung betriebene Laufzeitverlängerung für AKW. Stay wurde so zum Sprachrohr von Hunderttausenden von Atomkraftgegner*innen.
Einer der Höhepunkte des Protests war die von Stay initiierte 120 Kilometer lange Menschenkette vom AKW Brunsbüttel bis zum AKW Krümmel. 120.000 Menschen formierten sich am 24.04.2010 entlang der Elbe zur längsten Anti-Atom-Demo in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Laufzeitverlängerung konnte das zwar zunächst nicht verhindern. Schon im Jahr darauf jedoch leitete der erneute Protest Hunderttausender nach der Atomkatastrophe von Fukushima Merkels Atomwende ein. Fast die Hälfte der damals noch 17 AKW ging sofort vom Netz. Ende dieses Jahres werden die letzten drei folgen.
Auch der Protest gegen ein Atommüll-Lager im Gorlebener Salzstock, den Stay jahrzehntelang mit prägte, führte 2020 zum Erfolg. Was das aktuell laufende Standortsuchverfahren für ein Atommüll-Lager angeht, so konnte niemand dessen Defizite präziser benennen als er.
Neben seiner Anti-Atom-Arbeit war Stay unter anderem auch bei der in Verden angesiedelten Bewegungsstiftung engagiert. Zahlreiche andere Bewegungen und Kampagnen konnten so von seiner Erfahrung und seinem meist untrüglichen Gespür für politische Gelegenheiten profitieren.
Jochen Stay, der an einer Herzerkrankung litt, ist am Samstag, den 15.01.2022, im Alter von 56 Jahren an seinem Wohnort Suerhop bei Buchholz/Nordheide plötzlich und viel zu früh gestorben. .ausgestrahlt wird die Anti-Atom-Arbeit auch in seinem Sinne weiterführen.
Einen ausführlicheren Nachruf zu Jochen Stay finden Sie auf ausgestrahlt.de/jochen
Erinnerungen an Jochen
Im Sommer 2019 haben wir Jochen beim evangelischen Kirchentag in Dortmund persönlich kennengelernt. Wir wussten schon sehr viel über ihn und über seine Arbeit.
Sein großer Erfahrungsschatz, seine gut durchdachten Argumente sowie sein beeindruckendes politisches Gespür und Wissen waren beachtlich.
Am „.ausgestrahlt-Infostand“ ließ Jochen nie den Chef raushängen, sondern auch uns Gespräche mit Interessierten führen, dabei strahlte er eine Ruhe aus, die uns Sicherheit gab.
Wir vom Aktionsbündnis „Stop Westcastor“ und alle anderen in der Bewegung verlieren einen großen Freund. Wir kämpfen weiterhin für eine Welt ohne Atomenergie.
Jochen bleibt ein großes Vorbild für alle.
Marita und Guido vom Aktionsbündnis „Stop Westcastor“.