Gutachten: Castoren könnten in Jülich bleiben

Pressemitteilung von .ausgestrahlt

Neues Rechtsgutachten zu Jülich-Castoren: NRW-Atomaufsicht ignoriert Handlungsoptionen

Mona Neubaur kann als Leiterin der Landes-Atomaufsicht Räumungsverfügung für Jülicher Atommülllager rechtssicher aussetzen / Hendrik Wüst muss zuständige NRW-Wirtschaftsministerin auf Einhaltung des Koalitionsvertrages verpflichten / NRW-Landesregierung kann und muss jetzt gefährliche Castor-Transporte verhindern

Seit 2013 hat das Atommüll-Zwischenlager in Jülich keine Genehmigung mehr, 2014 wurde die Räumung wegen fehlender Nachweise zur Erdbebensicherheit angeordnet. Doch weil diese inzwischen nachgewiesen ist, ist eine neue Genehmigung in Griffweite. Gleichzeitig drohen aber zur Umsetzung der alten Räumungsverfügung 152 gefährliche Castortransporte via LKW nach Ahaus. Zur Frage, ob es möglich ist, die geltende Anordnung zur Räumung unter diesen Umständen auszusetzen, bis die neue Genehmigung vorliegt, gab die Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt ein Rechtsgutachten beim renommierten Verwaltungsrechtlers Dr. Ulrich Wollenteit in Auftrag.

Anlässlich der heutigen Vorstellung des Gutachtens erklärt Helge Bauer von .ausgestrahlt:

„Das heute vorgelegte Rechtsgutachten zeigt klar, dass die NRW-Atomaufsicht ihre Prioritäten falsch gesetzt und Lösungen bewusst ignoriert hat. Dieses Vorgehen scheint unvereinbar mit der Behauptung der NRW-Landesregierung, ihr Ziel sei es, die Castor-Transporte zu verhindern, so wie sie es auch in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben hat. Es ist Zeit, dass der Ministerpräsident als oberster Wächter des Koalitionsvertrages das Heft in die Hand nimmt und den Jülicher Atommüll zur Chefsache macht. Die zuständige Wirtschaftsministerin Mona Neubaur scheint mit der Klärung der Castor-Frage überfordert. Statt ihrer bisherigen Strategie der warmen Worte braucht es jetzt endlich ein beherztes Anpacken, um den Wahnsinn einer gefährlichen Castor-Lawine durch das dichtbesiedelte Ruhrgebiet noch zu verhindern.“

Dr. Ulrich Wollenteit, Verwaltungsrechtler und Verfasser des Kurzgutachtens, erläutert die rechtliche Situation, in der sich die NRW-Atomaufsicht befindet:

„Die Räumungsanordnung als rechtmäßig belastender Verwaltungsakt kann heute aufgrund veränderter Umstände auf Basis von § 49 Abs. 1 VwVfG widerrufen werden. Heute erscheint die Neugenehmigung eines Zwischenlagers am Standort nach Ausräumung von Nachweislücken zur Erdbebensicherheit möglich. Der Verbleib der Castorbehälter im derzeitigen Zwischenlager bis zur Realisierung eines neuen Lagers und der Verzicht auf 152 Castortransporte stellt sich aus heutiger Sicht als das mildere Mittel für die Allgemeinheit dar. Die Allgemeinheit wird durch den Verzicht auf 152 Castortransporten und die damit verbundenen Risiken erheblich entlastet.

Rechtlich zulässig wäre eine Aussetzung (Suspendierung) der Räumungsanordnung und deren Flankierung durch eine Duldungsverfügung. Mit der Duldungsverfügung wäre anzuordnen, dass befristet bis zur Genehmigung und der Realisierung eines neuen Zwischenlagers oder der Wiedergenehmigung des bestehenden Zwischenlagergebäudes die vorhandenen Castorbehälter im bisherigen Lager verbleiben dürfen.“

Bauer ergänzt:
„Der Räumungsverfügung für das bestehende Zwischenlager in Jülich kommt eine zentrale Rolle im aktuellen Verfahren zu. Sie allein hält den Zeitdruck zur Änderung der aktuellen Aufbewahrungssituation in Jülich aufrecht und ist so das KO-Kriterium für einen wirklich offenen und fachlichen Optionenvergleich. Der Grund für die Ausstellung der Räumungsverfügung ist dabei längst hinfällig. Die Bodenverflüssigung im Untergrund der Atommüll-Lagerhalle bei möglichen Erdbeben konnte im laufenden Verfahren zum Wiedererlangen einer Genehmigung für das bestehende Lager in Jülich, ansässig beim Atommüll-Bundesamt (BASE), längst ausgeschlossen werden. Grundsätzlich ist die anliegende Prüfung des Antrages in weiten Teilen bereits positiv abgeschlossen, die Genehmigung kann in einem überschaubaren Zeitraum vorliegen.“

Hinweis:
Das vollständige Rechtsgutachten von Dr. Ulrich Wollenteit, erstellt im Auftrag der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt, finden sie als Download auf unserer Internetseite:  
https://ausgestrahlt.de/gutachten-juelich