

Demo fordert Stopp des Atomkriegs-Manövers

(Bild: Friedensgruppe Düren)
Demonstration fordert Stopp des Atomkriegs-Manövers der NATO.
Über 150 Menschen protestierten in Nörvenich.
Unter dem Motto „Atomkriegsmanöver stoppen!“ hat am Samstag, 22. Oktober, in Nörvenich bei Düren eine Demonstration gegen das Atomkriegs-Manöver „Steadfast Noon“ stattgefunden. Das Manöver soll nach NATO-Angaben noch bis zum 30. Oktober fortgesetzt werden. Dagegen demonstrierten über 150 Menschen aus der Friedensbewegung. Sie forderten ein Ende aller Atomkriegs-Manöver, den Abzug der US-Atombomben aus Deutschland, die Beendigung der nuklearen Teilhabe und den Beitritt zum Atomwaffen-Verbotsvertrag der UNO, der 2021 in Kraft getreten ist.
Bei der Kundgebung auf dem Schlossplatz wurde ein Grußwort der belgischen Friedensbewegung, die schon letzte Woche am Hauptquartier der NATO in Brüssel demonstriert hatte, vorgetragen. Belgien ist in diesem Jahr zentral in das Manöver involviert. Heiner Krüger von der „FriedensGruppe Düren“ zog den geschichtlichen Bogen von der Rolle des Kriegsflugplatzes in Nörvenich im 2. Weltkrieg über die Wiederbewaffnung bis hin zur heutigen Situation. Aktuell sind in Nörvenich neben dem Boelcke-Jagdbombergeschwader auch die atomwaffenfähigen Torndado-Kampfjets aus Büchel stationiert. Joachim Schramm betonte für die „Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen“ (DFG-VK NRW), dass ein Atomkriegsmanöver angesichts des Ukraine-Krieges eskalationsträchtige Gefahren bedeute. Für den Ukraine-Krieg müsse ein Waffenstillstand vereinbart und eine Verhandlungslösung gefunden werden. Bernd Hahnfeld von den „Juristinnen und Juristen gegen den Atomkrieg“ (IALANA) wies auf das humanitäre Völkerrecht hin, das Drohung mit und Einsatz von Atomwaffen verbietet. Der Atomwaffensperrvertrag untersage Deutschland jegliche Annahme von Atomwaffen. Marion Küpker sprach für die Kampagne „Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt“. In Büchel (Eifel) sind circa 15 – 20 US-Atomsprengköpfe gelagert. Hier gibt es eine langjährige Widerstandstradition mit Aktionen bis hin zu zivilem Ungehorsam. Ein Grußwort der Initiative „Buirer für Buir“ betonte die nötige Zusammenarbeit von Umwelt- und Friedensbewegung.
Für den musikalischen Beitrag sorgte „Salossi“ aus Köln, bekannt durch viele Auftritte zusammen mit Klaus dem Geiger.
Nach der Kundgebung bewegte sich der Demonstrationszug mit starker Polizei Präsenz zum Kriegsflugplatz Boelcke. Bei der Abschlusskundgebung skandierten die Demonstrierenden „Hopp, Hopp, Hopp, Atommanöver stopp!“. Die Soldaten hinter dem Zaun wurden mit einem Zitat von Wolfgang Borchert aufgefordert, „NEIN“ zu sagen, wenn ihnen der Einsatz zum Abwurf von Atombomben erteilt würde. Die Piloten der nuklearen Teilhabestaaten üben im „Staedfast-Noon“-Manöver den Abwurf von US-Atombomben.

Die Demonstration wurde von der Atomwaffenfrei-Kampagne, der DFG-VK NRW und Köln sowie der FriedensGruppe Düren veranstaltet und bundesweit von rund 20 Organisationen aus der Friedensbewegung unterstützt.
Den Aufruf und die Redetexte der Kundgebung finden Sie hier:
https://www.friedenskooperative.de/termine/atomkriegsmanoever-2022-absagen

(Quelle: Pressemitteilung)

Atomkraft auf dem absteigenden Ast
Wer kennt nicht die Warnungen aus den Kreisen der Union, FDP und AfD, Deutschland gehe einen Sonderweg und werde weltweit nicht mehr ernst genommen, weil der Atomausstieg beschlossene Sache sei.
Ein Blick in den World Nuclear Industry Report 2022, der vor Kurzem vorgelegt wurde, zeichnet ein völlig anderes Bild. Es gibt nur 33 Länder, in denen Atomkraftwerke betrieben werden und die Zahl der Reaktoren ist weiter im Sinkflug. Nach dem Höhepunkt 2018, in dem Jahr wurden weltweit 437 „in operation“ gezählt, sank die Zahl der Reaktoren kontinuierlich, 2022, so listet der Report auf, waren es nur noch 411. Der weltweite Beitrag zur Stromerzeugung sank erstmalig unter 10 Prozent.
„Es lohnt, die Zahlen genauer zu betrachten,“ so die BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg. Denn ohne die Reaktoren, die in China gebaut werden, sehe die Bilanz noch kruder aus. Zwischen 2002 und 2021 gab es 105 Reaktoren, die stillgelegt wurden gegenüber 98 Reaktoren, die neu ans Netz gingen, davon allein 50 in China. Dass es kaum Neubauten gibt, liege auf der Hand: „Die Planungs- und Bauzeiten liegen zwischen 6 und 10 Jahren und die Kosten für einen Neubau explodierten.“ So konnte der Reaktor 3 des finnischen Atomkraftwerks Olkiluoto 13 Jahre verspätet im September auf die volle Leistung von 1600 MW hochfahren, die Kosten waren von 3 auf 11 Milliarden Euro hochgeschnellt.
Der zweite Aspekt, der ins Auge fällt, so BI-Sprecher Wolfgang Ehmke, ist die Tatsache, dass Russland den internationalen Markt beherrscht: 20 Reaktoren weltweit werden von der russischen Atomfirma Rosatom errichtet, darunter – trotz des Ukrainekrieges – auch in Ungarn, der Slowakei und der Türkei. 18 europäische Atomkraftwerke sind auf Brennelementlieferungen aus Russland angewiesen.
Der Report, so die BI, ist ein wertvoller Beitrag zur Versachlichung der Atomdebatte.
Quelle: Pressemitteilung (BI Lüchow-Dannenberg)
Greta Thunberg verwirrt
Für Irritationen sorgt eine Äußerung Greta Thunbergs in der ARD-Talksendung „Maischberger“ zum Weiterbetrieb von Atomkraftwerken in Deutschland. Die Ikone von Fridays für Future hat sich von der Moderatorin den Satz entlocken lassen: „Wenn sie schon laufen, glaube ich, dass es ein Fehler wäre, sie abzuschalten und sich der Kohle zuzuwenden“– und stellt sich damit im deutschen Streit über den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken unverhofft gegen Grüne und SPD. Es sei „eine schlechte Idee“, auf Kohle zu setzen, solange „das Andere“ noch existiere, erklärte Thunberg weiter.
„Wir wundern uns, dass die medienerfahrene Thunberg sich so vor den Karren von CDU und FDP hat spannen lassen, schreibt die BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI). Die niedersächsische FDP wurde mit ihrem Beharren auf den Weiterbetrieb des AKW Emsland bei den Landtagswahlen gerade abgestraft.
„Atomkraft ist kein Klimaretter und hilft auch nicht, Gas zu substituieren“, so BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. Das sei zigfach belegt. „Was uns noch mehr wundert: Über die Abhängigkeit Europas vom russischen Uran für den Reaktorbetrieb spricht in diesem Zusammenhang niemand, geschweige denn von der Atommüllproblematik.“
Rund 40 Prozent ihres angereicherten Urans, das für den Betrieb von Atomkraftwerken benötigt wird, bezieht Europa nach Angaben der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) insgesamt aus Russland und dem kremltreuen Kasachstan.
(Quelle: Pressemitteilung „BI Lüchow-Dannenberg“)

… zum Interview (ab 9:15)

22. Oktober: Demo gegen Atomkriegsmanöver
(Bild: Friedensgruppe Düren)
Friedensgruppen fordern Absage des NATO-Atomkriegsmanövers „Steadfast Noon“
Demonstration am 22. Oktober in Nörvenich
Alljährlich findet Mitte Oktober das Atomkriegs-Manöver „Steadfast Noon“ der NATO in Europa statt. Dabei üben die an der nuklearen Teilhabe beteiligten europäischen Staaten zusammen mit den USA den Atomkrieg und den Abwurf der US-amerikanischen Atombomben, die in den Teilhabestaaten dauerhaft stationiert sind.
Friedensgruppen fordern die Bundesregierung auf, dieses Atomkriegsmanöver abzusagen oder sich zumindest nicht mit der Bundeswehr daran zu beteiligen. Ebenfalls wird ein Ende der nuklearen Teilhabe und der Beitritt zum Atomwaffenverbotsvertrag gefordert. Die nukleare Teilhabe widerspricht dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs von 1996, dem gemäß Drohung mit und Einsatz von Atomwaffen generell völkerrechtswidrig sind, und dem Nichtverbreitungsvertrag, dem gemäß ein Nicht-Atomwaffenstaat Atomwaffen weder unmittelbar noch mittelbar annehmen darf. Dies jedoch geschieht mit der Stationierung der US-Atombomben in Büchel.
Am 22. Oktober findet eine Demonstration in Nörvenich gegen die Beteiligung der Bundeswehr am diesjährigen Atomkriegsmanöver statt. Die Demonstrierenden wollen nach einer Kundgebung um 12 Uhr am Schlossplatz zum Fliegerhorst ziehen. Dort sind wegen der Umbauarbeiten in Büchel, wo etwa 20 US-Atombomben lagern, die Trägerflugzeuge – derzeit noch die Tornados, bald F-35-Kampfjets – stationiert, die sich am Atomkriegs-Manöver beteiligen werden.
Im Aufruf zur Demonstration heißt es: „Ein Manöver in diesen kritischen Zeiten kann die Eskalationsspirale anheizen oder infolge von Missverständnissen zu einem Atomkrieg ‚aus Versehen‘ führen. Jeder Einsatz von Atomwaffen hätte verheerende Auswirkungen und kann nie gerechtfertigt werden! Wir setzen uns ein für ein Ende des Ukraine-Krieges und protestieren gegen Manöver, die die Gefahr der Eskalation dieses Krieges in sich tragen.“
Veranstaltende Organisationen:
- Kampagne:“Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt“
- DFG-VK Landesverband NRW
- DFG-VK Gruppe Köln, FriedensGruppe Düren
- Antikriegsbündnis Aachen
Es fährt eine Shuttlebus von Düren nach Nörvenich und zurück.
Abfahrt ist um 11.30 Uhr
Ab Düren Busbahnhof (Parkplatz am Nordausgang Hauptbahnhof)
Nach der Demonstration fährt der Shuttlebus zurück zum Bahnhof nach Düren.
(Quelle: Pressemitteilung)
Nachlese zur Anti-Atom-Radtour

A Hardy Greeting of Support and Thanks to the Anti-Atom-Radtour Nord!
11 July 2022, by Tom Clements, Director, Savannah River Site Watch, Columbia, South Carolina, USA www.srswatch.org
Greetings, friends! On your stop in Jülich, please accept this statement of support from Savannah River Site Watch, located in Columbia, South Carolina, of your efforts to inform the public about highly radioactive spent fuel at the Forschungszentrum Jülich and to stop its off-site shipment.
Your participation in the Anti-Atom-Radtournot only helps raise public awareness about the risks of nuclear power, nuclear waste and dirty energy but also reflects your commitment to sounder transportation policies and to a safer, greener world.
The work over the last decade of “.ausgestrahlt,” “Stop Westcastor“ and German activists has been instrumental in stopping the shipment of the AVR spent fuel to Ahaus or to the U.S. Department of Energy’s Savannah River Site (SRS) here in South Carolina. Our collaboration has made sure the misguided export plans have been exposed and will continue to be challenged.
A contract exists between the Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nuklearanlagen (JEN) and SRS to continue research into the processing of the highly radioactive AVR graphite fuel balls, an effort that began as early as 2012. That current contract, obtained by SRS Watch – and linked here: https://srswatch.org/wp-content/uploads/2022/04/2022-02-21-WFO-13-021-Mod-No.-9-received-23-March-2022.pdf – runs until 28 February 2023. This cooperation must end and I encourage you to speak up about that on your trip. SRS must not be a target of the illegal dumping of the AVR spent fuel and we will oppose and resist efforts to do so by politicians, the nuclear industry and those seeking to profit off transport of this deadly material. The agreement between the CDU and Green to build a new on-site storage facility at Jülich must promptly be acted on and you must hold them to it.
As an avid bicyclist, I am with you in spirit and can think of little else better than joining you on your journey.To paraphrase activist Emma Goldman, “If can’t ride a bicycle in the Anti-Atom-Radtour Nord, I don’t want to be part of your revolution!”
May the ride be not only be fun but also inspire you to keep at your work in these troubling times.Your activism and social and political engagement is urgently needed and your commitment is so well reflected by every kilometer you travel.

Many thanks and roll on!
Pressespiegel:
„Grund zum Feiern und zum Mahnen“ | Jülicher Nachrichten vom 11.07.2022
„Landesregierung macht Tempo bei Zwischenlager für Castoren in Jülich“ | Jülicher Nachrichten vom 07.07.2022
Tour macht in Jülich Station: 11. Juli | Lokalkompass 06.07.2022
Tour macht in Jülich Station: 11. Juli | Scharf links 05.07.2022


Dem Ausstieg entgegen — die Zukunft ist erneuerbar!
Große Anti-Atom-Radtour macht am 11. Juli in Jülich Station

Jülich, 05.07.2022. Mit einer sechswöchigen Radtour durch Deutschland und vier Nachbarländer feiern Atomkraftgegner*innen im Sommer die bevorstehende Abschaltung der letzten AKW in Deutschland. Zugleich machen sie auf die zahlreichen verbleibenden Atomprobleme aufmerksam, vom Atommüll über die weiter laufenden Atomfabriken bis zu den AKW in den Nachbarländern.
Die von der bundesweiten Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt gemeinsam mit zahlreichen Initiativen, darunter das Aktionsbündnis „Stop Westcastor“, geplante Tour macht am 11. Juli in Jülich Station. Gegen 12 Uhr wird das Aktionsbündnis am Jülicher Marktplatz (Altes Rathaus) die Radelnden in Empfang nehmen. Von dort geht es zum Haupteingang des Forschungszentrums Jülich (FZJ) weiter. Eine kleine Kundgebung ist am FZJ geplant. Die Mitwirkenden werden sich dort von ihrer Fahrt von Aachen nach Jülich, der dritten Etappe, stärken.
„Aus mehreren Jahrzehnten Atomforschung sind vom Atomabenteuer des Versuchsreaktors AVR Jülich strahlende Hinterlassenschaften geblieben: 152 Castoren mit Atommüll und ein kontaminierter Reaktor. Des Weiteren wollen wir nochmal auf diese ungelöste Atommüll-Problematik hinweisen. Seit fast zehn Jahren hat das Jülicher Castorenlager keine Genehmigung mehr. Unser Aktionsbündnis hofft, dass wieder Schwung in die Option Zwischenlager-Neubau kommt. Seit Jahren fordern wir den Neubau nach aktuellen Sicherheitsstandards. Durch die neue Bundes- und Landesregierung kann dies vorangetrieben werden. In beiden Parlamenten sind die Grünen in Regierungsverantwortung.“ (Marita Boslar, Aktionsbündnis „Stop Westcastor“)
Guido Boslar (Aktionsbündnis „Stop Westcastor“): „Dass die Atomkraftwerke nun endlich abgeschaltet werden, ist ein riesiger Erfolg. Er war nur möglich, weil sich so viele Menschen, auch aus unserer Region, in den vergangenen Jahrzehnten gegen Atomkraft engagiert haben. Das wollen wir würdigen.“
Die Fahrrad-Demo soll zugleich ein deutliches Zeichen setzen gegen die aktuellen Versuche, Atomkraft wieder salonfähig zu machen. Guido Boslar hofft deswegen, dass möglichst viele ein paar Kilometer mitradeln. Für alle, die nur am späten Nachmittag Zeit haben, gibt es noch die Möglichkeit am FZJ sich der Gruppe anzuschließen und mitzuradeln. Nach der Mittagspause geht es dort gegen 14.30 Uhr nach Lützerath und Keyenburg weiter. Beide Ortschaften sind vom Abbaggern bedroht. Hier trifft die Anti-Atom-Bewegung auf die Klimabewegung.

Alle Infos zu Route, Zeitplan und Programm findest Du hier.

Dem Ausstieg entgegen – die Zukunft ist erneuerbar!
Große Anti-Atom-Radtour macht am 11. Juli in Jülich Station

.ausgestrahlt Anti-Atom-Radtour | Etappe Jülich
Etappe 3: Aachen über Jülich bis Lützerath / Keyenberg
Montag, 11. Juli 2022
12:00 Uhr | Marktplatz
Altes Rathaus | 52428 Jülich
12:30 Uhr | Kleine Kundgebung am Forschungszentrum Jülich, incl. Mittagspause
FZ Jülich | Haupteingang, Wilhelm-Johnen-Straße, 52428 Jülich (Weiterfahrt 14:30 Uhr)
(Quelle: .ausgestrahlt) Achtung: Wir planen die Route sorgfältig. Trotzdem lassen sich kurzfristige Änderungen nicht immer vermeiden. Bitte schau vor Deiner Abfahrt nach, ob sich etwas geändert hat.
Du kannst im Live-Tracking mitverfolgen, wo genau sich die Tour befindet. Das Live-Tracking stellen wir jeweils tagesaktuell online.
Für Mitteilungen über Verspätungen und Nachrichten des Orga-Teams haben wir bei Signal eine Gruppe eingerichtet. Für die Signal-Gruppe der Nordtour kannst Du Dich hier eintragen:


Initiativen und Verbände kritisieren schwarz-grüne Sondierungsgespräche
Atomanlagen vergessen: Anti-Atomkraft-Initiativen und Verbände kritisieren schwarz- grüne Sondierungsgespräche und mahnen „echten“ Atomausstieg auch in NRW an
Wirtschaftsministerium relevant für den Atomausstieg
Anti-Atomkraft-Initiativen aus NRW sowie der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), die IPPNW und die BUND Regionalgruppe Münsterland (Bund für Umwelt und Naturschutz) kritisieren die Ergebnisse der bisherigen Gespräche zwischen CDU und Bündnis 90/Die Grünen nach der NRW-Landtagswahl. Scharfe Kritik wird besonders an dem Sondierungspapier geübt, indem CDU und Grüne überhaupt nichts zu den zahlreichen Atomanlagen in NRW sowie zu den häufigen Atomtransporten zwischen Rhein und Weser fixiert haben.
„Nach fünf Tagen Sondierungsgesprächen gibt es für einen möglichen echten Atomausstieg in NRW in dem Sondierungspapier nur eine Leerstelle. Das ist ein Skandal, gerade für die Glaubwürdigkeit der Grünen“, betont Peter Bastian vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen. „Wir hoffen, dass die Atomanlagen jetzt bei den Koalitionsverhandlungen Gegenstand intensiver Beratungen werden.“
Die Bürgerinitiativen und Verbände fordern CDU und Bündnis 90/Die Grünen auf, den NRW-Atomausstieg im Koalitionsvertrag zu fixieren und konkrete Handlungsschritte für alle Atomstandorte festzuschreiben. Auch Transit-Atomtransporte durch NRW,zum Beispielvon Hamburg nach Frankreich, sollen unterbunden werden. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, werden die Initiativen und Verbände ihren Protest gegen die Atomanlagen in NRW (und anderswo) konsequent fortsetzen. Und so wird zum Beispiel wie immer am ersten Sonntag im Monat jetzt auch am Pfingstsonntag (5.6.2022) ein Sonntagsspaziergang der Anti-Atomkraft-Initiativen an der Gronauer Uranfabrik stattfinden: 14 Uhr, Röntgenstraße 4.
Sondierungspapier: Alle NRW-Atomstandorte nicht erwähnt
In NRW befinden sich zahlreiche alte und neue Atomanlagen – alle Standorte blieben im Sondierungspapier unerwähnt: Die bundesweit einzige Urananreicherungsanlage in Gronau, das Atommüll-Zwischenlager in Ahaus, das Zwischenlager mit 152 Atommüll-Castoren auf dem Gelände des Jülicher Forschungszentrums (FZJ) und in unmittelbarer Nähe des FZJ: Die Urenco-Tochter ETC, die Uranzentrifugen entwickelt und teilweise produziert. Weiterhin das geplante bundesweite Atommülllogistikzentrum auf dem Gelände des ehemaligen Atomkraftwerks Würgassen im Kreis Höxter. Die Initiativen und Verbände befürchten, dass diese und weitere NRW-Atomstandorte in NRW (AKW-Ruine in Hamm, Atomschrottverarbeitung in Krefeld) bei den Koalitionsverhandlungen völlig unter den Tisch fallen.
Folgend einige Detailinformationen zu den Atomstandorten Gronau, Ahaus, Jülich und Würgassen
Mit Uran aus Gronau werden Atomkraftwerke in aller Welt betrieben
Die Urananreicherungsanlage der Firma Urenco in Gronau hat bisher eine unbefristete Betriebsgenehmigung. Der dort stets anfallende und unter freiem Himmel lagernde Uranmüll verdeutlicht, dass die atomare Problematik und der Umgang mit dem Atommüll immer schwieriger wird, wenn jetzt nicht gehandelt wird. Die Initiativen und Verbände erinnern daran, dass 2005 unter rot-grünen Regierungen in Düsseldorf und Berlin eine Kapazitätserhöhung bei der Gronauer Urananreicherungsanlage sowie eine Halle für 60.000 Tonnen Uranmüll genehmigt wurden. „Diesen historischen Fehler muss die neue Landesregierung endlich korrigieren und die Urananreicherungsanlage unverzüglich schließen“, so Udo Buchholz vom Arbeitskreis Umwelt (AKU) Gronau und Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU).
Belieferung von AKW in der Ukraine
Urenco beliefert auch die Ukraine mit angereichertem Uran, das in der Lieferkette von der Firma Westinghouse im schwedischen Västeras zu Brennelementen verarbeitet wird, um von dort an die ukrainischen Atomkraftwerke geliefert zu werden. Diese Zusammenarbeit zwischen Urenco und der Ukraine wurde 2021 noch ausgeweitet. Mit dem russischen Angriffskrieg und den Bombardierungen sind nukleare Katastrophen möglich, das hat der Bombeneinschlag im AKW Saporischchja gezeigt. „Atomkraftwerke werden damit zu einem inakzeptablen und nicht kalkulierbaren Risiko“, so Dr. Angelika Claußen von den Internationalen Ärzt:innen zu Verhütung des Atomkriegs (IPPNW). „Die neue Landesregierung muss daher schnellstmöglich und zusammen mit der Bundesregierung für eine Entflechtung von Urencos Lieferketten in Kriegsgebiete sorgen. Damit steht die Beendigung der Urananreicherung in Gronau erneut auf der Tagesordnung.“
Uranfabrik der Urenco rechtssicher schließen
Gutachten belegen, dass eine rechtssichere Stilllegung der Urananreicherung möglich ist. Und sie ist nicht nur möglich, sondern dringend geboten, um drohenden Schaden abzuwenden und eben den Atomausstieg in NRW komplett zu machen. Gerade die Grünen dürfen nicht zulassen, dass die ganze Welt aus NRW mit Uranbrennstoff beliefert wird. Um einen echten Atomausstieg zu erreichen, sollten die Grünen die Übernahme des NRW-Wirtschaftsministeriums anstreben, betonen die Initiativen und Verbände. Das Wirtschaftsministerium stellt in NRW die Atomaufsicht und hat in der Vergangenheit die Genehmigungen zum (Aus-)Bau und Betrieb der Gronauer Uranfabrik erteilt.
Keine weiteren Atommülltransporte nach Ahaus / Zwischenlagerneubau in Jülich
Die Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus“ und das Aktionsbündnis „Stop Westcastor“ Jülich haben die Entwicklungen in Ahaus und Jülich fest im Blick. Die geplanten Atommülltransporte von hoch angereichertem Atommüll von München/Garching nach Ahaus müssen verboten werden. Die Reaktorbetreiber des Forschungsreaktor München II (FRM II) betreiben mit Unterstützung der bayerischen Staatsregierung den Reaktor seit Jahren illegal, da wichtige Auflagen der Betriebsgenehmigung nicht eingehalten wurden und werden.
Marita Boslar vom Aktionsbündnis „Stop Westcastor“:„In der Vergangenheit hat das Forschungszentrum Jülich keine Verantwortung für ihren Atommüll übernommen. Der jetzige Betreiber – die Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nuklearanlagen – wartet auf eine Exportgenehmigung in die USA oder eine Transportgenehmigung nach Ahaus und verzögert so mit dem Jülicher Forschungszentrum seit mehr als zehn Jahren den Neubau eines möglichst sicheren Zwischenlagers.“
Das FZJ hat als treibende Kraft der Kugelreaktoren eine Verantwortung zur endlagergerechten Konditionierung aller Kugelbrennelemente. Darum muss sich die Landesregierung endlich kümmern.
Weiter darf die Verlängerung der Laufzeiten um 50 bis 70 Jahren für das Zwischenlager in Ahaus und die Verlängerung der Castor-Genehmigungen nicht unkontrolliert ablaufen. Da muss das NRW-Wirtschaftsministerium aufmerksam prüfen und kompetent mitwirken. Auch hierzu sollten Details im Koalitionsvertrag festgehalten werden.
Das zentrale Atommüll-Bereitstellungslager in Würgassen (NRW) für das Endlager Schacht Konrad (Niedersachsen) stoppen
Dass sich über die Kritik zum in Würgassen geplanten ersten Bereitstellungslager für ein Endlager, welches 90 Prozent aller deutschen Atomabfälle durchlaufen soll, nicht eine Zeile im Sondierungspapier findet, ist für die Bürgerinitiative „Atomfreies 3-Ländereck“ ernüchternd. Würde die gigantische Anlage im hochwassergefährdeten Gebiet an der Weser errichtet, würde der abgelegene Ort fern von überregionalen Verkehrsanbindungen NRW zum zentralen Umschlagplatz für nahezu sämtlichen Atommüll Deutschlands machen. Die Standortauswahl erfolgte dabei ohne öffentliche Beteiligung und entgegen vieler sicherheitsrelevanter Kriterien. Kein Wunder, dass sich mit Klaus Töpfer (CDU) und Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen) gleich zwei ehemalige Bundesumweltminister aus völlig unterschiedlichen politischen Lagern öffentlich gegen das Vorhaben in NRW aussprechen. Das muss sich jetzt auch im neuen NRW-Koalitionsvertrag widerspiegeln. Zudem sind erst vor wenigen Tagen die Staatssekretäre des Bundesumweltministeriums Stefan Tidow und Christian Kühn vor Ort gewesen, um sich aus erster Hand über die aufgezeigten Mängel zu informieren. Umso verwunderlicher ist, dass die betroffene Landesregierung in Düsseldorf das Vorhaben bis dato unkommentiert hingenommen hat.
- Aktionsbündnis „Stop Westcastor“ Jülich
- Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen
- AntiAtomBonn
- Arbeitskreis Umwelt (AKU) Gronau
- Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Regionalgruppe Münsterland
- Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU)
- Bürgerinitiative „Atomfreies 3-Ländereck“
- Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus“
- Internationale Ärzt:innen für die Verhütung des Atomkriegs (IPPNW, Deutsche Sektion)
