Mit dem Kochlöffel die Welt verbessern – oder was hat Küche mit Politik zu tun?

Die Protestbewegung kennt ihn: Wam Kat (*1956): Niederländer, Koch, Polit-Aktivist und Autor mehrerer Bücher. Sein erstes Tagebuch aus dem Krisengebiet Jugoslawien veröffentlichte er im Internet. Es gilt als eines der ersten Blogs überhaupt. Später wurde ein Buch daraus.

Angefangen hatte alles mit dem niederländischen Kochkollektiv „Rampenplan“. Dort griff er die Idee der traditionellen Volksküche auf, um Demonstranten bei großen Protestbewegungen in den 1970er und 1980er Jahre zu versorgen. Rampenplan steht für Aktionsgruppe gegen von Menschen gemachte Katastrophen: Kernkraftwerke, Atomwaffen, Militäranlagen, Chemiefabriken und Arbeitslosigkeit. „Wir sind der rampenplan, wir sorgen dafür, dass nichts schiefgehen kann!“, sagt damals sein Kumpel Nigel mit schönem britischen Akzent. Wam hatte ihn bei einer Anti-Atom-Demo kennengelernt. Nigel verteilte dort Flugblätter. Ans Kochen hat Wam danach noch nicht gedacht. Bei einem Vorbereitungstreffen für eine Blockade einer atomaren Wiederaufbereitungsanlage in Utrecht, Holland, fragte er in die Runde: „Hat sich jemand Gedanken über das Essen gemacht?“ Außer einer Wurstbude war für die erwarteten 5.000 Demonstranten noch nichts organisiert. Mit einem Ausdruck überraschter Belustigung schaute die Runde Wam an – so wie man einen Verrückten anschaut.

Politisch konsequent sein – fängt beim Kochen an.

Die traditionelle Volksküche oder VolXküche, auf dem Rampenplan basiert, geht auf die Hausbesetzer-Szene der 1980er Jahre zurück. Sie verbindet Kochen und Essen mit sozialen Aspekten. Sie entstand als Reaktion auf den stetig angeheizten Konsum der großen Lebensmittelkonzerne – und die Politik der Überproduktion. Das sind die Gründe, warum sie des Öfteren keine Lebensmittel kaufen, sondern Nahrungsmittel verwerten, die Supermärkte wegwerfen. Politisch konsequent sein, darum geht es ihnen. Es kämpft sich mit einem Hamburger in der Hand nun mal schlecht gegen die Zerstörung des Regenwaldes. Gekocht wird oft vegan oder vegetarisch.

Weltverbesserung mit Rezepten aus der Szene

Wam hat im Laufe drei Jahrzehnten viel gekocht und so sind viele Rezepte entstanden. In ganz Europa bei Demonstrationen, Kongressen und Camps hat er mit seiner Crew Menschen mit veganem und vegetarischem Essen versorgt. Von seiner wilden Zeit in der Hausbesetzerszene über die Anti-AKW-Bewegung bis hin zum G8-Gipfel in Heiligendamm erzählt das Buch Geschichten. Dazu gibt es die passenden Rezepte: mit Wildkräutern, Sojasprossen, Pastinaken – ohne Glutamat und Co. zum Nachkochen. Aktivisten kennen das ein oder andere Gericht von Protestaktionen. (mb)

Wam Kat:
24 Rezepte zur kulinarischen Weltverbesserung

ISBN 978-3-936086-36-2
www.orange-press.com

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Hompage => http://wamkat.de

Zwischenlageraktion in der Jülicher Innenstadt

Grundsteinlegung für ein neues Zwischenlager in Jülich

„Wir bauen ein neues Zwischenlager“

Aufruf zum Bau eines symbolischen Castor-Zwischenlagers

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Jülich, 21.10.2015. Das regionale Aktionsbündnis Stop Westcastor und das überregionale Bündnis gegen Castor-Exporte rufen zur Aktion „Wir bauen ein neues Zwischenlager“ am Samstag, 24. Oktober 2015 auf dem Jülicher Wochenmarkt auf. Ab 10 Uhr werden die Aktivisten – ausgerüstet mit Schutzhelmen und Blaumännern – mit dem Bau eines symbolischen Zwischenlagers für die AVR-Brennelemente beginnen. Für sie ist ein Neubau eines Zwischenlagers, das gegen Erdbeben und Flugzeugabstürze gesichert ist, die einzig akzeptable Lösung – auch wenn dies mindestens fünf Jahre dauern wird. „Diese zeitliche Perspektive widerspricht den Vorstellungen der Jülicher Verantwortlichen, sie möchten den Atommüll möglichst schnell loswerden, nach Ahaus oder in die USA. Transporte – wohin auch immer – stellen ein unkalkulierbares Risiko dar und sind zu vermeiden. Atommüll sollte nur noch ein einziges Mal transportiert werden, nämlich in ein sogenanntes, bisher noch nicht gefundenes, Endlager“, so Marita Boslar vom Aktionsbündnis Stop Westcastor.

Keine „Heiße Zelle“ in Ahaus
Der Graphit der Brennelemente-Kugeln ist stark porös sowie brennbar und muss vor der Endlagerung konditioniert werden – beispielsweise in Spezialbehältern endlagergerecht verpackt werden. Eine sogenannte „Heiße Zelle“ – in der dies möglich ist, steht auf dem Gelände des Forschungszentrums. Das Ahauser Zwischenlager hat keine „Heiße Zelle“, dort können die Castoren, in der die Brennelemente-Kugeln lagern, nicht einmal geöffnet werden. Für eine Reparatur müssten sie wieder nach Jülich zurück. Siegfried Faust von Stop Westcastor: „180 Kilometer quer durch NRW, das ist gefährlich und unverantwortlich. Die Kosten und die Risiken tragen die Menschen in NRW. Bei Zwischenfällen wären Menschen, die entlang der Strecke wohnen – aber auch Polizisten, die Transporte sichern müssen, betroffen. Außerdem: Die Genehmigung von Ahaus läuft spätestens 2036 aus und kann nicht verlängert werden – dann gibt es noch kein Endlager.“

AVR © M. Boslar

Politischer Wille 1990: AVR-Kugeln nach Ahaus
Bund und Land NRW wollten die AVR-Kugeln Ende der 1980er Jahre nach Ahaus bringen, da das Jülicher HTR-Projekt (Hochtemperaturreaktor-Projekt) mit dem Scheitern des THTR (Thorium-Hochtemperaturreaktor) beendet werden sollte. Ahaus war damals als zentrales Zwischenlager gedacht. Marita Boslar: „Das Jülicher Forschungszentrum wollte das Ende des HTR-Projekts hintertreiben und benötigte für die weitere Entwickung und Forschung die neueren Kugeln. Daher die Idee mit dem Jülicher Zwischenlager.“

Kosten Jülich-Lagerung und Ahaus-Lagerung
Das Forschungszentrum setzte auf ein Billigkonzept, konnte daher die Lagerung der AVR-Kugeln kostengünstiger veranschlagen – und bekam den Aufschlag. Für 15 Jahre Lagerung in Jülich pro Kugel damals 40 DM – umgerechnet einschließlich Inflationsrate etwa 12 Millionen Euro. Die Kosten für die Ahaus-Lagerung: 75 DM pro Kugel – etwa 23 Millionen Euro. „Deshalb haben wir in Jülich ein Billiglager, das nicht gegen  Flugzeugabstürze und Erdbeben gesichert ist, das mit Abstand unsicherste Lager in Deutschland“, so Siegfried Faust.

Flyer zur Jülicher Aktion 24.10.2015

Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus“

South Carolina ist kein Entsorgungsplatz für deutschen Atommüll!

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LPK 22 September 2014: Übersetzter Redebeitrag von Tom Clements

 

South Carolina ist kein Entsorgungsplatz für deutschen Atommüll!

Zunächst vielen Dank an meine deutschen Kollegen für die Organisation dieser Bereisung und die Warnungen vor dem beabsichtigten Export eines deutschen Atommüllproblems.

Die Bemühungen um den illegalen Atommüllexport aus Jülich und Ahaus zum Standort “Savannah River Site” (SRS) in South Carolina des US-Departments of Energy’s (DOE) sind nicht akzeptabel, weil SRS kein Atommülllager ist oder gar eine Deponie für die Abfälle von kommerziell betriebenen Atomreaktoren. Deutschland muss sich schon zuhause um eine Atommülllagerung kümmern und die Probleme nicht auf uns abschieben.

Savannah River Site ist eine ausgedehnte Kernwaffen-Produktionsstätte, die in den 1950er Jahren eingerichtet wurde und über 800 km² groß ist. Fünf SRS-Reaktoren produzierten 36 Tonnen waffenfähiges Plutonium und radioaktives Tritium (H3). Diese Aktivitäten erbrachten etwa 140 Millionen Liter hochradioaktiv verseuchte flüssige Abwässer, die in 51 vor sich hin alternden Stahltanks untergebracht sind und derzeit in großen Containern verglast werden.

Die Atommüllentsorgung im SRS kostet rund 1,5 Milliarden US$ pro Jahr und wird bis mindes-tens 2040 andauern. Wir wollen nicht noch mehr Atommüll behandeln müssen! Die geleerten Tanks und Reaktorgebäude wurden mit Beton aufgefüllt und bleiben ein fortdauerndes Zeugnis des Wahnsinns des Kalten Krieges.

Es gibt viele Gründe, dass wir uns den Absichten widersetzen:

  • Die Öffentlichkeit ist strikt gegen die Bemühungen, SRS in eine Langzeit-Atommülldeponie auf kommerzieller Basis zu verwandeln. Die wichtigsten Zeitungen der Region haben sich in Editorials klar gegen eine Annahme des deutschen Atommülls ausgesprochen; das Bundes-Beratungskommitee für die SRS-Sanierung hat formell gegen die Aufnahme von Atommüll aus kommerziellen Anlagen protestiert.
  • Nach der US-Gesetzgebung müssen hochradioaktiver Atommüll sowie abgebrannte Brennelemente in geologischen Schichten untergebracht werden. SRS hingegen liegt auf sandigem Küstenuntergrund und daher als Atommülllager ungeeignet; sämtlicher dort lagernder Atomabfall muss also in ein Endlager verbracht werden. Ein solches Endlager existiert aber in den USA nicht und die Pläne zu dessen Entwicklung sind gestoppt worden.
  • Das DOE lässt es zu, dass die Wiederaufarbeitung des hoch radioaktiven Graphit-Mülls, mit dem SRS keinerlei Erfahrung hat, Atommüll für ein Zwischenlager produziert, was in der Praxis eine längerfristige Lagerung in den schon erwähnten leckenden Tanks mit sich bringt.

Dies wird die Sanierungskosten erhöhen und die dringend erforderliche Sanierung des Standortes verzögern.

  • Es gibt zwar Atomkugeln, die noch hochangereichertes waffenfähiges Uran aus den USA enthalten, aber das gilt keineswegs für alle. Insbesondere die Atomkugeln aus dem AVR stellen hinsichtlich Waffenfähigkeit keine Bedrohung mehr dar. Sowohl Deutschland als auch die USA gingen bis 2011 davon aus, dass einer lokalen Endlagerung dieses Mülls aus Proliferationssicht nichts entgegensteht.
  • SRS entwickelt derzeit eine neue Rückgewinnungstechnik für das Uran aus der Graphit-Umhüllung und hierin liegt das eigentliche Proliferationsrisiko. Deutschland trägt die kosten dieser Entwicklung. Das DOE hat es abgelehnt, eine angemessene „Proliferations-Gefahren-Analyse“ zu erstellen, die die Risiken der neuen Wiederaufarbeitungsmethode betrachtet.
  • Die “H-Canyon” Wiederaufarbeitungsanlage im SRS ist eine militärische Einrichtung und nicht unter der Aufsicht der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA), so dass es keine unabhängige Dokumentation der Behandlung des Atommülls oder des abgetrennten Urans geben wird.
  • Das “Department of Energy’s” wird nicht von der “U.S. Nuclear Regulatory Commission” beaufsichtigt, was bedeutet, dass es keine öffentliche Aufsicht und Regulierung der Wiederaufarbeitung und der CASTOR-Transporte geben wird.
  • Der Import von Atommüll aus kommerziellen Anlagen in die USA ist beispiellos. Savannah River Site hat in der Vergangenheit Atommüll von Forschungsreaktoren aufgenommen, auch aus Deutschland, aber dieses Programm wird bald enden. Versuche, den AVR und THTR als Forschungsreaktoren umzudefinieren, haben keine faktische und rechtliche Basis und werden scheitern.

Der Hauptgrund für diesen Deal ist der Umstand, dass private Auftragnehmer am SRS auf Profit hoffen, während Deutschland beabsichtigt, auf illegale Weise ein gravierendes Atommüll-problem an ein anderes Land abzuschieben. Jedwede „Müll zum SRS“-Politik ist nicht akzeptabel und provoziert eine rechtliche Auseinandersetzung, wenn sie nicht gestoppt wird.

Tom Clements

Director, Savannah River Site Watch

www.srswatch.org

Columbia, South Carolina

USA

 

 

Jülich: Kugelbrennelemente wenig Nutzenergie – aber viel Atommüll


Die umstrittenen Kugelhaufenreaktoren nach Jülicher Muster erzeugten nur wenig Nutzenergie, aber riesige Mengen an Atommüll. Dieses große Müllproblem – 457 Brennelementecastoren (12. 000 t) für eine Strommenge, die gerade 2,5 Tage des heutigen deutschen Strombedarfs decken kann – saß man in Jülich jahrzehntelang aus, ohne sich ernsthaft um angemessene Lösungen zu bemühen. Die Weiterentwicklung von Kugelcastoren hatte Priorität vor der Entsorgung. Nun ist – entgegen allen Versprechungen – unter dem Vorwand der Nichtverbreitung von Nuklearmaterial geplant, diesen Müll mit enormen Kosten in die USA zu verschieben und in Savannah River eine riskante Wiederaufbereitung dafür neu zu entwickeln. Diese gefährliche Müllverschiebung muss verhindert werden, denn von der Verantwortung für diesen besonderen üblen Müll dürfen wir uns nicht freikaufen und die Belastungen anderen Weltregionen aufbürden; sie ist auch rechtlich fragwürdig. Jülich muss sich seiner Entsorgungsverantwortung endlich stellen.

Dr. Rainer Moormann | Whistleblower

Quelle: atommüllalarm | September 2014

Anmerkung: 457 Brennelementecastoren (152 Castoren stehen im Jülicher Zwischenlager aus dem Versuchskernkraftwerk AVR Jülich & 305 Castoren im Ahauser Zwischenlager aus dem Kernkraftwerk Hamm-Uentrop (12. 000 t) für eine Strommenge, die gerade 2,5 Tage des heutigen deutschen Strombedarfs decken kann.