Erste Protestaktion durch Anti-Atom-Initiativen vor dem Rathaus
In einer Sondersitzung des Ahauser Stadtrates haben sich alle Fraktionen kritisch zur Einlagerungsgenehmigung für die 152 Castoren aus dem Forschungszentrum Jülich geäußert.
Zuvor hatten sich vor dem Rathaus 50 Atomkraftgegner*innen zu einer Mahnwache versammelt.
Ahaus-Option wird vorrangig behandelt!
Der Ahauser Stadtrat teilt inzwischen die Kritik der Anti-Atomkraft-Initiativen, dass die Ahaus-Option gegenüber dem Verbleib in Jülich oder dem USA-Export bevorzugt wird.
Die eingeladenen Experten vom neu zuständigen Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit, BfE, (bis vor kurzem zuständig: Bundesamt für Strahlenschutz), Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nuklearanlagen (JEN) und Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) Ahaus konnten diese Zweifel nicht ausräumen, sondern verstärkten diese: So teilte der Vertreter des BfE, Dr. Hoffmann, mit, dass für Ahaus Einlagerungsgenehmigung und Transportgenehmigung parallel beantragt, aber für die USA-Option und ein neues Zwischenlager in Jülich noch gar keine Anträge gestellt worden seien. Für diese Optionen würden schrittweise verschiedene Gutachten und Prüfungen abgewartet.
Hartmut Liebermann von der BI-Ahaus meint dazu: „Deswegen ist mir auch völlig schleierhaft, warum der Pressesprecher der JEN ständig behauptete, das sei wie bei einem Wettlauf, Ahaus liege gerade vorn, aber die USA-Option sei grundsätzlich am schnellsten realisierbar und könne noch aufholen“.
Die Anti-Atomkraft-Initiativen bleiben bei ihrer Haltung, dass nur ein neues, sicheres Zwischenlager in Jülich eine vertretbare Option ist. Die USA-Option bleibt illegal und gefährlich.
Die parteilose Bürgermeisterin, Karola Voß, machte ihre Ablehnung deutlich und fragte nach dem Sinn, den Atommüll von einem Lager in ein anderes zu verschieben.
Atommülllagerung über 2036 hinaus unproblematisch?
Auch zeigten alle Fraktionen ihren Unmut darüber, dass das Ahauser Atommülllager länger als ursprünglich geplant über 2036 hinaus genutzt werden soll. Der Vertreter der GNS teilte lapidar mit, dass es aus seiner Sicht kein Problem sei, die Behälter in Ahaus statt 40 auch 60 Jahre zu lagern. So wird die alte Befürchtung der Anti-Atomkraft-Initiativen bestätigt, dass Ahaus zum schleichenden Endlager werden könnte.
Widerstand braucht nun breite Unterstützung
Die Atomkraftgegner*innen begrüßen die kritische Haltung des Ahauser Stadtrates und die Ankündigung der Bürgermeisterin, dass die Verwaltung die erteilte Einlagerungsgenehmigung kritisch unter die Lupe nehmen wird. Nun fordern die Anti-Atomkraft-Initiativen die Ahauser Parteien und den Stadtrat auf, weitere Anstrengungen zu unternehmen um die Castortransporte noch zu verhindern.
„Wir brauchen nun breite Unterstützung für den Widerstand gegen den sinnlosen Atommülltourismus“ so Peter Bastian vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen. „Wir hoffen, dass die Ahauser Parteien ihre kritische Haltung in klare Beschlüsse umsetzen und bei ihren Kolleg*innen in Düsseldorf und Berlin intervenieren“.
Für die Atomkraftgegner*innen ist aber auch klar: Das war heute nicht die letzte Protestaktion.
Gemeinsam mit vielen anderen Gruppen wollen sie auch weiterhin zu Protesten in den Orten entlang der Transportrouten quer durch NRW mobilisieren.
(PM von Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen vom 05.08.2016)
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siehe auch => Interview zum Atommüll: Bürgerinitiative braucht mehr junge Leute für den Protest . . . 5. August 2016 . . . www.muensterlandzeitung.de
Um das Wichtigste gleich an den Anfang zu stellen: Viel Neues gab es heute Abend auch für die vollbesetzen Zuschauerränge in der Sonderratsitzung, die von der Ahauser CDU beantragt wurde, nicht zu hören.
Die Vertreter der Ahauser Parteien brachten es kurz vor Schluss der Sitzung, auf den Punkt:
Dieter Homann (UWG): „Jetzt sind wir gefragt, die Transporte zu verhindern – mit juristischen und politischen Mitteln, auch im Landtag.“ In Richtung der CDU schauend sagte er noch: „Der Widerstand muss sich formierten -auch mit der CDU auf der Straße!“
Andreas Dönnebrink (SPD) war auch emotional bewegt: „Besonders enttäuscht sind wir von dem Jülicher Vertreter. Man muss uns hier in Ahaus nicht für dumm verkaufen – auch wenn das Endergebnis vermutlich lauten wird: „Der Müll wird in Ahaus gelagert!“
Thomas Vortkamp (CDU) sprach ebenfalls deutliche Worte: „Wir haben auch das Gefühl, dass das Engagement nicht für alle drei Optionen gleich groß ist und wurden heute Abend darin nochmal bestätigt.“
Klaus Löhring (Grüne/B90) forderte resignierend auch in Zukunft mehr Transparenz und wusste aber: „Die Geister, die ich rief, werd ich jetzt nicht mehr los!“
Hubert Kersting (UWG) forderte die Verwaltung auf, „zum Abgleich der Vereinbarungen und weitere juristische Prüfungen zu sorgen“.
Als letzte Rednerin bedankte sich Bürgermeisterin Karola Voß bei allen Ratsmitgliedern und fand, dass jedwede Verschiebung des Atommülls keinerlei Lösung sei. Auch sie bestätigte den Eindruck des heutigen Abends, dass Ahaus aus Jülicher Sicht wohl die „einfachste Lösung“ sei.
Rede und Antwort zu dieser Thematik gaben Dr. Michael Hoffmann vom Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE), das bis Ende Juli noch unter dem Namen Bundesamt für Strahlungssicherheit (BfS) bekannt war. Schon beim BfS war er, wie jetzt beim BfE, der Leiter der Abteilung für Genehmigungen, Transporte und Zwischenlager.
Außerdem sprach Jörg Kriewel, Leiter der Unternehmenskommunikation der Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nuklearanlagen mbH (JEN). *
Neben ihm saß Markus Röder, Werkleiter TBL-A der Gesellschaft für Nuklear-Service mbH (GNS) – insofern auch der für das Ahauser Zwischenlager Mitverantwortliche sowie dessen Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Michael Köbl.
Im Wesentlichen geht es darum, dass der ehemalige Forschungsreaktor in Jülich 152 Castorbehälter aus seinem Lager räumen muss. Dazu liegt seit Juli 2014 eine Räumungsanordnung aus Düsseldorf mit dem Zeitvermerk „unverzüglich“ vor – ein dehnbarer Begriff.
Inzwischen gibt es für den Müll eine Einlagerungsgenehmigung im Ahauser BZA, aber noch keine Transportgenehmigung, obwohl diese bereits vor der Einlagerungsgenehmigung beantragt wurde.
Die befragten Herren gaben sich alle Mühe, darzustellen, wie kleinteilig bei allen drei möglichen Optionen Meilensteine abgearbeitet würden. Neben Ahaus und dem Verbleib des Mülls in Jülich ist als dritte Option noch die Verbringung in die USA theoretisch denkbar. Bei diesem dritten Ansatz gibt es nur noch mehr Hürden zu überwinden, als bei den anderen beiden.
Gegen den Standort Jülich spricht akutell, dass noch die seismologischen Gutachten fehlen würden, die schwierig sind. Da die Erdbebengefahr im Münsterland deutlich geringer sei, als im Kölner Becken, wird in Ahaus so ein seismologisches Gutachten erst gar nicht angefertigt. Auf die Frage nach einem möglichen Terrorakt beim Transport wurde nicht eingegangen. Auch die Tatsache, dass in Ahaus noch Baustelle wegen der zu bauenden Mauer herrscht, ist kein Hinderungsgrund für einen Transport.
Reinhard Horst (FDP) verglich es mit einem 100-Meter-Lauf: „Und Ahaus ist schon beim 50. Meter, während die anderen beiden Optionen erst 5 Meter gelaufen sind.“
Dieter Homann fügte hinzu: „Verlassen kann man sich mal wieder nur darauf, dass wir verlassen sind.“
Schon jetzt ist klar, dass die 40 Jahre Befristigung, die ursprünglich für das Zwischenlager vertraglich vereinbart wurden, nicht eingehalten werden können, da kein Endlager existiert. Also werden hier in Ahaus auch über das Jahr 2036 hinaus Brennelemente und anderer atomarer Abfall lagern.
Der Antrag für die Transportgenehmigung wurde für 152 Einzeltransporte gestellt, die aber auch wahlweise zusammen stattfinden können.
(Quelle: www.facebook.com/derahauser/)
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siehe auch => Interview zum Atommüll: Bürgerinitiative braucht mehr junge Leute für den Protest . . . 5. August 2016 . . . www.muensterlandzeitung.de