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+++Abgesagt 10. April 2020 Ostermahnwache+++

Die Enrichment Technology Company erforscht, entwickelt und baut Gaszentrifugen.

Redebeitrag von Marita Boslar für die Ostermahnwache in Jülich am 14. April 2017

– Es gilt das gesprochene Wort –

Liebe Friedensaktivisten und Atomkraftgegner,

2012 hat es in Jülich den letzten Ostermarsch gegeben. Jetzt – fünf Jahre danach – gibt es wieder gemeinsame Aktionen mit der Friedens- und der Anti-AKW- Bewegung; wenn auch in einem etwas kleineren Rahmen – hier in Jülich.

Die diesjährigen Aktionen beginnen am heutigen Karfreitag mit einem Ostermarsch in Gronau vor dem Betriebsgelände der Urenco und einer Ostermahnwache hier in Jülich vor der Enrichment Technology Company – oder kurz: ETC.

Die in Jülich ansässige Firma ETC ist eine gemeinsame Tochter von Urenco und Areva. Sie erforscht, entwickelt und baut Gaszentrifugen. Sie macht die Urananreicherung in Gronau erst möglich!

Seit 1985 betreibt Urenco, die einzige kommerzielle Anlage in Deutschland zur Urananreicherung und ist Atomkraftgegnern ein „Dorn im Auge“.

2005 erhielt Urenco von der Landesregierung sogar eine unbefristete Genehmigung zur Anreicherung von Uran.

Durch diese unbefristete Genehmigung darf diese Anlage weiterlaufen und hintertreibt damit den deutschen Atomausstieg!

Eine neue Halle zur Lagerung von 60.000 Tonnen Uranoxid ist gebaut worden und soll noch im ersten Halbjahr 2017 in Betrieb gehen – auch sie hat eine zeitlich unbefristete Genehmigung.

Bis zu 7.000 Tonnen Uranmüll kommen jedes Jahr hinzu – trotz ungeklärter Entsorgung!

Pro Tonne angereichertem Uran fallen etwa 5,5 Tonnen abgereichertes Uran an. Es wird unter anderem auch militärisch in Uranmunition verwendet!

Darüber hinaus ist Urenco Nutznießer des menschen- und umweltfeindlichen Abbaus von Uran in den Uranminen rund um den Globus!

Urenco beliefert ein Drittel des Weltmarktes mit angereichertem Uran für den Betrieb der Atomkraftwerke.

Das macht Deutschland zu einem der international wichtigsten Lieferanten und entlarvt den „deutschen Atomausstieg“ als Lüge.

Mit der Urananreicherung trägt Urenco massiv zum Risiko weiterer Atomkatastrophen bei. Bis 2011 belieferte Urenco den Fukushima-Betreiber Tepco. Momentan landet angereichertes Uran aus Gronau und der anderen Urenco-Anlagen in Form von Brennelementen zum Beispiel in den belgischen Pannen-AKWs Tihange und Doel. Seit Ende 2016 liefert Urenco sogar an die ukrainische Atomindustrie – mitten im Kriegsgebiet!

Die NRW-Landesregierung und die Bundesregierung müssen diesen Export unterbinden!

Damit Atomkraftwerke Strom erzeugen können, muss Uran angereichert werden.

Im Natururan ist das Uranisotop 235zu gering für den Betrieb der Atomkraftwerke: Es enthält nur 0,72 Prozent des Stoffes.

Urenco reichert das Material in der Urananreicherungsanlage an, indem es die Uranisotope 235 und 238 in eine Reihe von Zentrifugen schickt. Beide Komponenten kommen im Natururan vor.

Diese Zentrifugen sind eine Art Salatschleuder, die durch die Fliehkraft das schwerere Uran 238 an die Wand des Zylinders drückt. So bleibt das Uran 235 in höherer Konzentration über. Das Isotop Uran 235 wird so auf bis zu fünf Prozent angereichert und kann dann für Atomkraftwerke genutzt werden.

Das gasförmige Uranhexafluorid wird als Trennmittel in den Gaszentrifugen eingesetzt. Es reagiert sehr heftig mit der Luftfeuchtigkeit und dabei entsteht die hochgiftige und stark ätzende Flusssäure.

Uranisotope mit ungerader Neutronenzahl – wie das Uran 235–sind relativ gut spaltbar. Es ist die einzig bekannte natürlich vorkommende Substanz, die eine nukleare Kettenreaktion auslösen kann.

Im internationalen Bereich ist die Anreicherung mit Uran mittels Gaszentrifugen leider ein gängiges Verfahren.

Die zivile und militärische Nutzung der Urananreicherung lassen sich nicht trennen! Urenco ist eben kein normales Unternehmen! ETC auch nicht!

Diese Technik gilt als „Schlüssel zur Atombombenherstellung“: Sie kann auch verwendet werden, um Uran für den Einsatz in Atomwaffen anzureichern.

ETC torpediert nicht nur den angeblichen Atomausstieg, sondern steigert durch technische Entwicklungen die Gefahr der Verbreitung von Atomwaffen weltweit.

Die in Jülich erforschte und in Gronau angewandte Zentrifugentechnologie ist eine massive Bedrohung für den Frieden!

In der Urenco-Anlage in Almelo – in den Niederlanden – stahl der pakistanische Wissenschaftler Dr. Khan in der 1970er Jahren Baupläne und verhalf so Pakistan zur Atombombe. Dr. Khan arbeitete damals für die Urenco-Gruppe. Der überwiegende Teil dieser Dokumente wurde bei der ETC für Gronau erarbeitet! Von Pakistan gelangen die Pläne auch an den Iran und Nordkorea.

Die Geschichte zeigt: Wer die Technologie einmal hat, gibt sie nicht wieder her. Der noch immer geplante Verkauf von Urenco-Anteilen stellt eine weitere Verbreitung von Atomwaffentechnologie dar.

Angesichts einer großen Anzahl an militärischen Konflikten weltweit, sollte Deutschland ein internationales Beispiel setzen, die Verkaufsverhandlungen offiziell stoppen und die Urananreicherung freiwillig beenden!

Im Jahr 2016 wurden deutsche Waffen im Wert von sieben Milliarden Euro unter anderem nach Saudi-Arabien geliefert. Ist das zu verantworten?

Im Hinblick auf die Eskalation in Syrien rufen wir zu friedlichen Konfliktlösungen auf allen Ebenen auf und weitere Aufrüstungspläne zu stoppen!

Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit!

https://www.friedenskooperative.de/ostermarsch-2017/reden/martia-boslar-j%C3%BClich

Redebeitrag von Reiner Moormann für die Ostermahnwache in Jülich am 14. April 2017

– Es gilt das gesprochene Wort –

Liebe Freundinnen und Freunde,

seit dem letzten Ostermarsch in Jülich vor 5 Jahren hat sich einiges zum Positiven verändert: Die ETC, vor der wir stehen, musste ihren Personalbestand halbieren – wegen der weltweiten AKW-Flaute gibt es nämlich keine Aufträge. Und das Forschungszentrum Jülich (FZJ) gibt endlich die abgewirtschaftete Entwicklung von Kugelhaufen-AKWs auf, viel zu spät, aber immerhin.

Trotzdem bleibt noch viel zu tun: Der Müll des erfolglosen und havarierten Jülicher Kugelhaufenreaktors AVR ist viel schlimmer als der anderer Reaktoren und soll daher mit Tricks und unter immensen Kosten in die USA exportiert werden. Dort soll er in einer militärischen Anlage aufgearbeitet werden: Unter Bedingungen, die in der EU aus Umweltschutzgründen längst nicht mehr zulässig wären.

Es ist aber noch nicht klar, ob die USA den Müll wirklich nehmen. Man scheint nämlich begriffen zu haben, um was für eine immense Belastung es sich dabei handelt und fordert daher vor einer Entscheidung erhebliche Vorleistungen, wie etwa Tests in einer noch zu errichtenden Pilotanlage.
In Jülich hat man sich in den vergangenen 20 Jahren darauf konzentriert und gewaltige Mittel dafür verschwendet, Kugelhaufenreaktoren nach Südafrika und China zu exportieren. Für die Entsorgung des eigenen Mülls blieb da nicht viel übrig, und so passt dieser Atommüll in die deutschen Entsorgungsbemühungen nicht hinein. Es müsste noch enorme Entwicklungsarbeit geleistet werden, um den Müll wenigstens auf den gleichen Stand wie den der üblichen Leichtwasserreaktoren zu bringen.

Wir fordern mit Nachdruck, dass man in Jülich endlich die Verantwortung für die eigenen Hinterlassenschaften übernimmt. Das gilt auch für die Zwischenlagerung des Mülls: Das 1993 in Betrieb gegangene Jülicher Castorenlager war als völlig unzureichendes Billiglager konzipiert, hat seine Genehmigung daher schon 2013 verloren und seit 2014 gibt es sogar eine Räumungsanordnung; das scheint Jülich ganz recht zu sein, denn man will den Müll nach Ahaus loswerden – als Zwischenstation, bevor er in die USA verschoben wird. Echte Bemühungen um eine Lösung der Jülicher Zwischenlagerproblematik hat es nicht gegeben, sowohl die temporäre Verlängerung des aktuellen Jülicher Lagers, als auch der Neubau eines modernen Lagers in Jülich wurden meinem Eindruck nach gezielt hintertrieben. Dabei ist Zwischenlagerung und Konditionierung des gesamten Mülls aus Kugelhaufenreaktoren in Jülicher Anlagen der einzig akzeptable Weg. Das gilt mittelfristig auch für die in Ahaus befindlichen 305 Castoren aus dem Hammer ThoriumHochTemperaturReaktor.

Ein anderes Jülicher Problem hat sich kürzlich verstärkt: Die öffentliche Diskussion um den Zugang Deutschlands zu Atomwaffen wurde in den vergangenen Monaten intensiv geführt. Für Experten ist offensichtlich, dass Deutschland aktuell aus eigener Kraft nur mit Hilfe der ETC in kurzen Zeiträumen zu Kernwaffen gelangen kann: Die bei ETC entwickelte Urananreicherung lässt sich nämlich leicht auf die Gewinnung von waffenfähigem Uran ausweiten. Hier ist es unsere Aufgabe, die Entwicklung genau zu beobachten, und eine Schließung dieser durch den Atomausstieg überflüssig gewordenen Anlage zu fordern, ebenso wie die der Anreichungsanlage in Gronau selbst.

In Jülich hat es trotz eindeutiger Verbote nie wirkliche Skrupel gegeben, sich mit Waffentechnik zu befassen: So haben FZJ/RWTH 1988 trotz internationalen Embargos die Kugelhaufen-HTR-Technik an Apartheid-Südafrika weitergegeben: Apartheid-Südafrika war damals Atommacht und wollte den HTR als Antrieb für militärische Atom-U-Boote einsetzen, die mit Atomwaffen bestückt werden sollten. Bemäntelt wurde das als „wissenschaftliche Kooperation“. Glücklicherweise wurde das militärische Projekt nie verwirklicht, da die Apartheid bald endete und Südafrika seine Atombomben demontierte. Aber das von FZJ intensiv unterstützte, nachfolgende zivile HTR-Projekt hat dem Land auch geschadet: 2010 musste es aufgegeben werden: Es war, so wie die Presse schrieb „ein Zombie, welcher die öffentlichen Kassen geplündert hat und Südafrika nur Unglück gebracht hat.“

Trotz beschlossenen Atomausstiegs gibt es für uns Atomkraftgegner noch keinen Grund, die Hände in den Schoß zu legen. Kämpfen wir also weiter für eine friedliche Atomwaffen- und AKW-freie Welt.

Rainer Moormann ist Chemiker und Experte für Reaktorsicherheit.

https://www.friedenskooperative.de/